Claudia Haarmann
Innenweltverlag
Köln 2005
Claudia Haarmann ist Journalistin und Psychotherapeutin. Obwohl sie keine „Sex-Fachfrau“ ist, – oder vielleicht gerade deshalb, – ist ihr ein wunderbares Buch über die heutige Situation weiblicher Sexualität gelungen. Trotz sexueller Aufklärung, trotz Dauerberieselung von sexuellen Botschaften in den Medien: Frauen sind im Höchstmass verunsichert. „Ich müsste doch eigentlich besser im Bett … orgastischer, lustvoller sein“. Die Ausrichtung auf eine Norm oder auf die vermeintlichen Wünsche des Mannes ist oft stärker als das weiblich-sexuelle Selbstbewusstsein. Es gibt sie immer noch – die Scham. Auch 30 Jahre nach Anja Meulenbelts Buch „Die Scham ist vorbei“, geschrieben in der Aufbruchstimmung der Frauenbewegung.
Behutsam, feinfühlig und erfrischend offen lässt die Autorin 17 Frauen zwischen 20 und 70 über Scheu, vermeintliches Unvermögen, Einfluss der Mutter, Orgasmus und über die Lust erzählen. Auch Fachfrauen, insbesondere aus der schamanischen Kultur kommen zu Wort, die deutlich zeigen, dass Frauen ganz unterschiedliche sexuelle Charakter haben – von „normal“ keine Spur. Nur bei einer Aussage des Buches setze ich ein Fragezeichen: „Der erste sexuelle Kontakt ist ausschlaggebend dafür, wie du später als Frau deine Sexualität leben wirst.“ Beweist das Leben nicht gerade das Gegenteil?
Ein interessantes, dichtes Buch, das einem hilft, sich in sexueller Hinsicht mit sich selbst auszusöhnen und unrealistische Ansprüche mit mildem Lächeln ziehen zu lassen.
– Kristina Pfister